Landnutzungs- und Vegetationskartierung

von Carolin Vogel und Sabine Schmidt

1 Einleitung

Im Rahmen des Projektes TerraDew – “Investigations about the Temporal Effects of Dew on Multifrequency and Multipolarimetric DLR E–SAR Radar Backscatter Signals” wurde im Zeitraum vom 12.06.2000 bis 16.06.2000 eine Geländekampagne der Geoinformatik durchgeführt. Der Schwerpunkt dieser Untersuchung besteht in der Quantifizierung des Einflusses von Tau auf die Radarrückstreuung. Hierbei wurde das Testgebiet zwischen Alling und Gilching für die Befliegung ausgewählt. Die Aufzeichnung der SAR-Daten erfolgte mit dem experimentellen, mulitfrequenten und multipolarimetrischen Flugzeug SAR des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Oberpfaffenhofen.

Am Mittwoch, dem 14.06.2000 und am Freitag, dem 16.06.2000 fanden jeweils um 6.00 Uhr, 9.00 Uhr und 12.00 Uhr die Befliegungen im Testgebiet in der Nähe des DLR‘s statt. Hierbei war es notwendig, verschiedene Bodenproben zu entnehmen, Bodenfeuchte mittels TDR-Sonden zu messen, den Leaf Area Index (LAI) zu bestimmen sowie die aktuellen Vegetationsbestände und somit die Landnutzung zu kartieren. Weiterhin wurden während der Befliegungen visuelle Taubeschreibungen vorgenommen. Unsere Aufgabe bestand darin, eine umfassende und vollständige Landnutzungs- und Vegetationskartierung durchzuführen. Zweck der Kartierung ist es, die Vegetationsbestände aufzunehmen, an denen sich Tau bilden kann, um somit Rückschlüsse auf den Taueinfluss bei der Radarrückstreuung zu ziehen. Die Grundlagen einer Kartierung, Messgeräte und kartierte Feldfrüchte werden im zweiten Kapitel dargestellt. Im letzten Abschnitt erfolgt eine Darlegung der Probleme, auf die im Gelände und bei der Nachbearbeitung gestoßen wurden.

2 Kartierung

2.1 Allgemeine methodische Vorgehensweise

Im Rahmen der Fernerkundung stellt die erste Phase der Bildinterpretation, die Beobachtung, die “[...] visuelle Erfassung verschiedener Oberflächenelemente” (Theilen-Willige 1993, S. 7) dar. Für die spezielle Aufgabenstellung im TerraDew Projekt war daher eine detaillierte Kartierung der Landnutzung im Testgebiet notwendig.

In der Regel helfen Luftbilder und topographische Karten im Maßstab 1:5000 und 1:25000 zur Erfassung von Geländedaten und die Eintragung der Ergebnisse in die jeweilige Kartengrundlage. “Die Feldkartierung sollte durch Luftbildauswertung vorbereitet werden, um die zeitaufwendige Abgrenzung der Vegetationstypen im Gelände zu erleichtern” (Leser & Klink 1988, S. 205). Auf die Kartierung im Testgebiet bezogen, standen der Kartiergruppe im entsprechenden Zeitraum keine Luftbilder zur Verfügung und waren dadurch teilweise mit zeitaufwendigen Ausmessungen verbunden. Die durch die Kartierung gewonnenen Informationen über die Landnutzung wurden in die Flurkarten eingebracht und führten somit zu einer räumlichen Einordnung der Feldfrüchte im Zusammenhang mit den Grundstücksgrenzen und deren Bezeichnungen. Aufgrund dessen konnte nicht nur eine eindeutige Zuweisung der Art und Weise der Landnutzung sondern auch der dazugehörigen Bezeichnung getroffen werden. Dies ist für weitere Bearbeitungen von gewonnenen Daten im Gelände und den Radarbildinformationen bei Interpretationen bezüglich des Taueinflusses auf die Radarrückstreuung relevant.

2.2 Kartengrundlagen und Angewandte Meßgeräte

Die Kartengrundlage im Gelände bildeten drei Flurkarten [= Karten in denen Grundstücksgrenzen räumlich dargestellt werden (HAKE 1982, S. 114)] des Vermessungsamtes Fürstenfeldbruck; Starnberg im Maßstab 1:5000 (SW 1-9, SW 1-10 und N.W.I.10), wobei die SW 1-9 1992; SW 1-10 1986 und N.W.I.10 1976 zuletzt einer Aktualisierung unterlagen (Bayrisches Landesvermessungsamt München Blatt 25, 26 und 54).

Die Aufnahme der verschiedenen Feldfrüchte basierte auf den oben genannten Karten. Auf diesen sind die einzelnen Grundstücksgrenzen mit den jeweiligen Feldnummern verzeichnet, an denen eine grundlegende Orientierung vorgenommen werden konnte. Dabei traten Probleme auf, die später näher erläutert werden. Aufgrund der festgestellten Differenzen zwischen den Feld- und den Grundstücksgrenzen und der fehlenden Orientierungshilfen (Bäume, Wegkreuzungen, Strommasten etc.), erschien es unumgänglich, zentrale Felder zu vermessen sowie erste Feldgrenzen zu bestimmen und somit räumlich markante Punkte im Gelände festzulegen.

Die Vorgehensweise beim Kartieren wurde vor Ort entschieden, da das Gebiet und die Bewirtschaftungsweise vorher nur begrenzt bekannt waren (z.B. waren die Bewirtschaftungen nicht gleich der Grundstücksgrenzen oder Anbau von mehreren Feldfrüchten auf einem Katasterfeld).

Die zur Verfügung stehenden Meßgeräte umfaßten einen Kompaß, ein Maßband (50 m), Zollstock und Fotoapparat. Die Vorgaben des Protokolls beinhalteten eine allgemeine Standortbeschreibung, welche durch die Parameter Nutzung, Vegetationsart, Vegetations-höhe, Bedeckungsgrad, Bearbeitungsart sowie die Bearbeitungsrichtung bestimmt wurden. Der Kompaß war notwendig, um die Bearbeitungsrichtung der Feldfrüchte (0 – 360° von Norden im Uhrzeigersinn) zu ermitteln. Diese war in der Regel parallel zu den Feldgrenzen. Das Maßband diente zur Ausmessung der Feldgrenzen. Für die Bestimmung des Reihenabstandes, der Pflanzen pro Reihenmeter (Durchschnitt) und pro 50 cm x 50 cm wurden die Pflanzen mit einem Zollstock ausgemessen und die ermittelten Werte in das Protokoll übertragen. Die ausgemessenen Feldgrenzen sowie die kartierten Feldfrüchte wurden mit Hilfe unterschiedlicher Farben in die Katasterkarte eingezeichnet. Für die Ermittlung des Bedeckungsgrades wurde der Fotoapparat im Winkel von 90° zur Vegetationsdecke eingesetzt. Aufgrund des besonderen Blickwinkels des Radars von 45° wurden auch Fotos der Feldfrüchte in diesem Winkel aufgenommen, um texturelle Besonderheiten der Vegetation auf die Radarrückstreuung hervorzuheben. Hierfür war die Aufnahme von drei Fotographien für jedes Feld erforderlich, um die Repräsentativität der Bilder zu gewährleisten. 

2.3 Kartierte Feldfrüchte

Die angebauten Feldfrüchte reichten von diversen Getreidearten, Futterpflanzen bis hin zu Grünland unterschiedlichster Nutzung. Unter den Getreidearten waren Sommer- und Wintergerste, Weizen, Roggen, Tridikale und Hafer vorhanden. Zu den angebauten Futter- und Nutzpflanzen gehörten Mais, Kartoffel, Zuckererbsen, Raps, Luzerne, Ackersenf und Kleegras sowie Rüben. Im Bereich der Grünländer  konnte eine Unterteilung in ungemäht, 1. Schnitt gemäht & nachgewachsen und frisch gemäht sowie in Grünlandbrache gegeben werden. Um die verschiedenen Schritte zu verdeutlichen, wird im Folgenden ein Beispiel für die Aufnahme einer Feldfrucht im Testgebiet gegeben.

 

1. Schritt

Beispiel

 
  • Räumliche Orientierung und Einordnung der Feldfrucht

Kartoffel

 
  • Information in der Kartengrundlage vermerken

Feldnr.: 654

     
 

2. Schritt

 
 
  • vorgegebenes Protokoll ausfüllen 
 
 

    Nutzung (Acker, Grünland, Brache):

Acker

 

    Vegetationsart (gegff. keine):

Kartoffel

 

    Vegetationshöhe (in cm):

50 cm

 

    Reihenabstand:

70 cm

 

    Pflanzen pro Reihenmeter (Durchschnitt):

3 (-4)

 

    Pflanzen pro 50 cm x 50 cm:

1,5

 

    Bearbeitungsrichtung (0 – 360° v. N im UZS):

3°-4°

 

3.Schritt

 
 
  • Fotographien der jeweiligen Feldfrucht
 
 
  • Fotonr.:

90° :    A10, A11, A12                 

   

45° :    C9 

 

Fotos:

 
 

Fotonr.: A10

Fotonr.:A11

 

Fotnr.: A12

 

 

 

2.4 Visuelle Taubeschreibung

Neben der Messung der Bodenfeuchte und Vegetationskartierung, wurde auch eine visuelle Taubeschreibung zu verschiedenen Zeitpunkten der Feldbegehung nach dem Kartierungs-schlüssel von Heldwein (1993) vorgenommen und ebenfalls auf den Protokollen vermerkt. Dieser Schlüssel ist nachfolgend angegeben:

Kartierungsschlüssel für Tau

Code

Ziffern

Beschreibung des Zustands

K

1,0

kein Tau

K?

1,2

vermuteter Beginn (Farbnuance des Blattes stellenweise dunkler, nur  gültig wenn in den nächsten 15 min bestätigt)

K, A

1,5

Beginn der Taubildung, kaum sichtbare Tauwasser- tröpfchen auf <10% des Blattes

A

2,0

Beginnbestätigung, kleine, kaum sichtbare Tauwasser- tröpfchen auf bis zu 50% des Blattes

A, B

2,5

ca. 50% des Blattes weisen Tautröpfchen auf (zwischen A und B)

B

3,0

Benetzung >50% des Blattes weisen Wassertröpfchen auf

N

4,0

naß, >50% der Blattfläche sind zusammenhängend benetzt,  Benetzungsende: (Grenze = 1,5 = T, K)

N

3,0

naß, >50% des Blattes total naß

N, T

2,5

etwa 50% des Blattes noch zusammenhängend benetzt

T

2,0

Abtrocknung, 50 – 20% des Blattes noch benetzt

T?

1,8

fortgeschrittene Abtrocknung, 20 – 10% des Blattes noch naß bzw. mit Wassertröpfchen benetzt

T, K

1,5

Benetzungsende; weniger als 10% des Blattes weisen Wassertropfen auf (oft wegen zusammengeflossenen Kondensates)

K

1,0

keine Tauwassertröpfchen mehr zu erkennen

3 Probleme bei der Landnutzungs- und Vegetationskartierung

Im Laufe der Kartierung traten über die Woche hinweg folgende Probleme auf:

  • Wachstum einiger Feldfrüchte (z.B. Mais) von einigen Zentimetern über den Zeitraum der Aufnahmen, da optimale Wachstumsverhältnisse bezüglich der Witterung (Niederschlag, Temperatur) vorherrschten
  • Aufgrund der mangelhaften Absprache mit den einzelnen Feldbesitzern, war es uns zum Teil nicht gewährleistet, direkt auf den Feldern Messungen durchzuführen, sondern waren auf die Traktorspuren im Feld angewiesen (Einfluss der Repräsentatitvität)
  • Die Katasterflächen auf den Karten stimmten nicht mit den Feldgrenzen der Äcker überein
  • Kartengrundlage teilweise nicht mehr aktuell (Neubau von Häusern nicht verzeichnet, fehlende Feldwege etc.)
  • Am 2. Befliegungstag (Freitag, 16.06.2000) mähten einige Bauern während der Befliegungen Grünlandflächen und nahmen somit Einfluss auf die Aktualität der Kartierungen von den Vortagen (Rückschluß auf schlechte Absprache oder Unkooperation einiger Bauern)
  • Durch den starken Regen am Dienstagabend (13.06.2000) war das Gras am Mittwochmorgen (14.06.2000) niedergelegt, so dass bei der Bestimmung der Vegetationshöhe Probleme auftraten. Die eigentliche Vegetationshöhe konnte nicht festgestellt werden und ein Schätzwert bzw. der Wert des umgeknickten Grases wurde festgehalten

4 Fazit

Abschließend kann gesagt werden, dass die Landnutzungs- und Vegetationskartierung für die Bewertung des Einflusses von Tau in Bezug auf die Radarrückstreuung für die Nachbearbeitung von großer Bedeutung ist. Da sich der Tau auf der Oberfläche der Pflanzen bildet, spielt die Kartierung der vorhanden Feldfrüchte in dem Maße eine Rolle, indem verschiedene Vegetationsarten auch unterschiedliche Oberflächengrößen aufweisen. Wesentlich dabei ist auch die Dichte des Vegetationsbestandes. Die aufgetretenen Probleme beeinflussen die Repräsentativität geringfügig bezüglich Bedeckungsgrad, Vegetationshöhe, Pflanzen pro Reihenmeter etc..

5 Literatur

Bayrisches Landesvermessungsamt München [Hrsg.], Vermessungsamt Fürstenfeldruck, (1976), Blatt 54, N.W.I.10.

Bayrisches Landesvermessungsamt München [Hrsg.], Vermessungsamt Fürstenfeldruck, Starnberg (1986), Blatt 26, SW 1-10.

Bayrisches Landesvermessungsamt München [Hrsg.], Vermessungsamt Fürstenfeldruck, Starnberg (1992), Blatt 25, SW 1-9.

Hake, G. (1982): Kartographie I. Berlin.

Heldwein, A. (1993): Ermittlung der Taubenetzung von Pflanzenbeständen durch Anwendung mikrometeorologischer Verfahren sowie mittels konventioneller Methoden. Diss. Techn. Univ. Berlin.

Leser, H. & H.-J. Klink (1988): Handbuch und Kartieranleitung Geoökologische Karte 1:25000. Trier.

Theilen-Willige, B. (1993): Umweltbeobachtung durch Fernerkundung. Stuttgart.