Mikrometeorologische Messungen

von Steffen Grünler und Markus Wolf

 

1. Definition der Geländeparameter

Da im Projekt "TerraDew" der Einfluß von freiem Vegetationswasser auf die Radarrückstreuung untersucht werden soll, sind vor allem die hydrologischen Geländeparameter Tau, Interzeption und Evapotranspiration (Evaporation + Transpiration) von Bedeutung.

Tau: Tau ist ein natürliches Phänomen, das auf freiliegenden Oberflächen unter gewissen Witterungsbedingungen auftritt. Im Gegensatz zur Niederschlags-interzeption tritt Taubenetzung auch vollständig an der Blattunterseite auf. Sie ist im oberen Bestandsbereich intensiver, als im bodennahen Bereich. Taubildung setzt ein, wenn sich die Blattoberflächen abkühlen, d.h. der Energieverlust durch Ausstrahlung ist höher, als die Energiezufuhr durch Einstrahlung und konvektionellen Wärmetransport. Es herrscht ein positiver latenter Wärmestrom. (HELDWEIN 1993)

Interzeption: Vorgang, bei dem ein Teil des Niederschlages von Pflanzen (Blätter, Krondach) aufgefangen wird, ohne die Bodenoberfläche zu erreichen, und von hier aus wieder verdunstet. (WILHELM 1985)

Evaporation: Dieser Parameter bestimmt die Verdunstung vom Boden oder freien Oberflächen, als Funktion eines physikalischen Ungleichgewichtes, hervorgerufen durch ein Wasserdampfsättigungsdefizit. Die Evaporation hängt von physikalischen Faktoren ab, insbesondere ein- und ausgestrahlter Sonnenenergie, Lufttemperatur, Luftfeuchte, Gelände- und Untergrund-beschaffenheit. (WILHELM 1985)

Evapotranspiration: berücksichtigt neben diesen Faktoren noch die zusätzlich wirksamen Faktoren der Transpiration (Verdunstung bzw. Wasserabgabe der Vegetation)

Folgende Faktoren spielen also eine entscheidende Rolle (HÖLTING 1992):

  • Sonneneinstrahlung als Energiequelle
  • Lufttemperatur (von Sonneneinstrahlung abhängig)
  • Luftfeuchte und damit Sättigungsdefizit der Luft
  • Windbewegung (Turbolenz ist rauhigkeitsabhängig)

2. Relevanz von freien Vegetationswasser auf die Radarrückstreuung

Das Signal der Radarrückstreuung bzw. die Rückstreuintensität wird hauptsächlich durch die Reliefeigenschaften, Oberflächenrauhigkeit und der Dielektrizitätskonstante bestimmt. Auch Vegetation hat Einfluß auf die Rückstreuung. In Abhängigkeit von der verwendeten Wellenlänge verursacht sie eine Volumenstreuung. Im Projekt "TerraDew" möchte man nun untersuchen, inwieweit man freies Vegetationswasser überhaupt erfassen kann. Da es sich um Tau bzw. Interzeptionswasser handelt ist dieses Wasser nur in geringen Mengen auf dem Vegetationsbestand vorhanden. Um einen Ansatz finden zu können, wurde die Aufnahme in den vier Wellenlängen X-, C-, L- und P-Band sowie multipolar aufgenommen. Außerdem wurden drei Befliegungen (6, 9 und 12 Uhr) durchgeführt, um eventuell eine zeitliche Auflösung der Verdunstung des freien Vegetationswassers erfassen zu können. Problematisch ist es wohl die Hauptrückstreufaktoren Relief, Rauhigkeit und Bodenfeuchte aus der Information herauszurechnen. Wenn ein Einfluß des freien Wassers nachweisbar sein sollte, erwartet man eine stärkere Reflektion bei höherem Wassergehalt. Die Radarstrahlung wird von den Wassermolekülen gestreut. Dies geschieht dadurch, daß die Wassermoleküle die Mikrowellen absorbieren und damit in Schwingung versetzet werden. Die Schwingung erzeugt wiederum Mikrowellen gleicher Frequenz, die in alle Richtungen ausgestrahlt werden. Je größer der Wassergehalt ist, desto höher ist die in alle Richtungen ausgestrahlte Mikrowellenintensität.

3. Beschreibung der Geländearbeit

Um die Parameter Taubenetzung, Interzeption und Evaporation erfassen zu können, wurden 3 Klimastationen und 29 Temperatur-Luftfeuchtemesser (HOBO) im Testgebiet aufgestellt. Die Verteilung erfolgte heterogen über die verschiedenen Reliefpositionen und Anbauarten im Untersuchungsgebiet. Diese Meßwerte dienen der quantitativen Modellierung der Taubenetzung über den Ansatz der Energiebilanzierung.

Klimastation

Die Klimastationen waren mit folgenden Meßgeräten bestückt:

  • DATA LOGGER MCS 120-04EX
  • Temperatur- Feuchtemesser HOBO® H8 Pro Series
  • Strahlungsmesser für einfallende kurzwellige Strahlung MCS 155-1
  • Strahlungsmesser für reflektierte kurzwellige Strahlung MCS 155-1
  • Windmesser MCS 177-3

Um die Heterogenität des Untersuchungsgebietes möglichst umfangreich erfassen zu können, im Bezug auf Relief und Anbauart, wurden die drei Klimastationen auf unterschiedlichen Feldern aufgebaut. Die Ausrichtung der Strahlungsmesser erfolgte in N – S Richtung, um den Einfluß des Schattens zu minimieren. Die Strahlungsmesser wurden zum einen für einfallende kurzwellige Strahlung an die Oberseite, zum anderen für reflektierte kurzwellige Strahlung an der Unterseite in einer Höhe von 2 m an der Trägervorrichtung der Klimastation angebracht und mit den DATA LOGGER verbunden. Dieser zeichnete die Mittelwerte im 5 min. Intervall auf und speicherte diese auf das memory modul.

Der Windmesser, bei dem es sich um ein standartisiertes Drei-Schalen Flügelradaneometer handelt, war ebenfalls in einer Höhe von 2 m über dem Erdboden angebracht. Auch hier sind 5 minütige Mittelwerte aufgezeichnet worden.

Die Programmierung der DATA LOGGER sollte gewissenhaft und immer auf das Projektziel ausgerichtet sein. In unserem Fall lief dies wie folgt ab:

Die 2 Strahlungsmesser sind an Kanal 11/12 (abhängig vom DATA LOGGER Typ) angeschlossen worden. Hierbei muß das schwarze Kabel mit den Anschluß analoge ground, das weiße Kabel mit dem Anschluß signal verbunden werden. Das Inputprogramm kann unterschiedlich konfiguriert werden, in diesem Fall erfolgte die Parametereinstellung range 2, offset 0 und mult 1.0 entsprechend dem Manual.

Der Windmesser ist an Kanal 17 bzw. 18 angeschlossen wurden mit der Kabelkombination braun - supply (+5), withe - signal und weiß - digital ground. Im Inputprogramm erfolgten die Einstellungen range 1, offset 0.38224, mult 0.01921. Im Ausgabeprogramm sind den Windwerten, welche in m/s ausgegeben werden, die Spalte 3 zugeordnet worden. Analog dieser Konfiguration konnte das memory modul beschrieben werden.

Abb. 1: Klimastation auf Feld 772

Im Institut für Geographie in Jena worden die aufgezeichneten Werte ausgelesen und in eine Textdatei übernommen. Im Anschluß erfolgte die Konvertierung in ein dBase-Format, um die Werte in ArcInfo oder andere GIS - Software implementieren zu können. Um eine eindeutige Zuordnung der Ausleseelemente zu gewährleisten, ist es wichtig, die genauen Zeiten der Inbetriebnahme und Aufnahmezeiträume der einzelnen Klimastationen zu erfassen. Des weiteren sollten die memory module mit der Signatur der dazugehörigen Klimastation versehen werden.

Um den Einfluß des Niederschlages auf die Bodenfeuchte korrelieren zu können, wurde ein Niederschlagsmesser vom Typ Hellmann aufgestellt, der jeden Tag ausgelesen wurde.

 Temperatur- Feuchtemesser (HOBO)

Die Temeratur- Feuchtemesser erfaßten folgende Parameter in einem einminütigen Meßintervall:

  • Temperatur in C° und F
  • High Resolution Temperatur in C° und F
  • Dewpoint- Temperatur in C° und F
  • Relative Humidity RH in %
  • Absolut Humidity AH in %

Die 29 Temperatur- Feuchtemesser wurden im gesamten Testgebiet heterogen verteilt, um möglichst viele Vegetationsformen bzw. Anbauarten und deren Taueigenschaften erfassen zu können. Die Geräte wurden im oberen Bestandsbereich installiert, weil dort die Benetzungsintensität am größten ist. Zwei HOBO`s wurden zusätzlich noch im unteren Bestandsbereich angebracht, um eventuell auch den vertikalen Gradienten des freien Vegetationswassers quantitativ erfassen zu können. Das Meßintervall ist auf 1 Minute festgelegt wurden. Das Auslesen der Daten erfolgte mit Hilfe eines Laptops im Gelände.

Abb. 2: HOBOâ Pro Series

Im Anschluß an die Geländearbeiten wurden die ausgelesenen Meßdaten digital weiterverarbeitet. Alle Meßwerte der HOBO`s und Klimastationen sind konvertiert und in einer EXCEL-Arbeitsmappe bearbeitet und abgelegt worden.

Für die Auswertung dieser enormen Datenmenge im Bezug auf die Bedingungen für die Taubildung ist es sehr anschaulich, die Datenreihen in einem Diagramm gegenüber zu stellen. Als Interpretationsbeispiel haben wir zwei Diagramme des Zeitraumes 14.06.00 (0 Uhr) bis 16.06.00 (12 Uhr) erstellt.

Bei Diagramm 1 handelt es sich um HOBO Nr. 6, der auf dem Feld 772 eingesetzt worden war. Im Meßdiagramm sind die Graphen der Meßwerte für relative Luftfeuchte, Lufttemperatur und Taupunkt-Temperatur dargestellt.

Das zweite Diagramm zeigt die Werte der Meßparameter Einstrahlung, Niederschlag und Windgeschwindigkeit der Klimastation 1, welche ebenfalls auf dem Feld 772 installiert war.

Interpretation:

Im Bezug auf die Möglichkeit der Taubildung ist die Taupunkt-Temperatur von besonderer Bedeutung. Erreicht diese die Werte der Lufttemperatur, kommt die relative Luftfeuchte in Bereiche von 100 Prozent, d.h. die Voraussetzung für die Bildung von Tau sind gegeben. In Diagramm 1 ist dieser Fall gut zu erkennen für den 15.6. von 2-6 Uhr und den 16.6. von 5-7 Uhr. Für den 14.6. ist eine Tauakkumulation auszuschließen, da in der Nacht Regen von 24,4 mm (laut Niederschlagsmesser) niederging. Der Interzeptionsspeicher war mit Niederschlagswasser voll ausgefüllt. Deshalb ist an diesem Tag eine relative Luftfeuchte von 100 Prozent bis ca. 13 Uhr zu verzeichnen. Besonders in den Mittags- und Nachmittagsstunden ist eine große Differenz zwischen Taupunkt- und Lufttemperatur sichtbar, welche direkt mit den Einstrahlungswerten korelliert. Die Folge ist ein Sättigungsdefizit der umgebenden Luft und damit einsetzende Evaporation. Das freie Vegetationswasser trocknet also ab. Dies drückt sich in sinkenden Werten der relativen Luftfeuchte aus. Die Windgeschwindigkeit war für den gesamten Meßzeitraum relativ konstant und niedrig. Hohe Windgeschwindigkeiten würden einer Taubildung entgegen wirken, da sie die relative Luftfeuchte senken.

Diagramm 1

 

Diagramm 2

 

 

4. Fehler und Probleme

Es kann hierbei in zwei Fehlentypen unterschieden werden, zum einen in instrumentelle Fehlen, zum anderen in System- bzw. Anwenderbedingte Fehler.

Instrumentelle Fehler:

  • Problem DATA LOGGER, Lücken in den Aufzeichnungsreihen möglich, Akku fehlerhaft
  • Laptopakku geringe Kapazität
  • Laptop veränderte die Timer-Einstellungen der HOBO`s beim Auslesen der Daten
  • zwei HOBO`s lieferten keine Daten und mußten am 14.06.00 neu eingestellt werden

Anwenderbedingte Fehler:

  • nach starkem Niederschlagsereignis Grünlandvegetation niedergedrückt, sodaß HOBO‘s nicht mehr in der Vegetation, sondern darüber aufgezeichnet haben
  • die Taumessung erfolgt nicht durch ein direktes Messverfahren, sondern aus der Funktion aus Luftfeuchte und Temperatur
  • die vertikale Tauentwicklung kann bei einer Messung nicht repräsentativ sein, die optische Taubeschreibung ist trotz eines Kartierschlüssels immer noch stark subjektiv (Abschätzung der Tauanteile, welche Blätter bedecken)

Anzumerken wäre noch der starke Niederschlag in der Nacht zum 14.06.00. Man muß also davon ausgehen, daß Taubenetzung an diesem Tag keine Rolle spielte und es sich bei dem freien Vegetationswasser ausschließlich um Niederschlagsinterzeption handelt.

5. Literatur

HELDWEIN, A. B. (1993): Ermittelung der Taubenetzung von Pflanzenbeständen durch Anwendung mikrometeorologischer Verfahren sowie mittels konventioneller Methoden, Dissertation, TU Berlin, Berlin

HÖLTING, B. (1992): Hydrologie – Einführung in die Angewandte Hydrologie, 4. Aufl.,  ENKE, Stuttgart.

USERS MANUAL (1996): MCS 120-04 EX DATA LOGGER. 12 channel data logger Software Version 4.015. M C Systems, South Afrika.

WILHELM, F. (1985): Hydrologie/Glaziologie – Das Geographische Seminar, WESTERMANN, Braunschweig.